• Wiebke Salzmann

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Die Krimikarte „Die Mutter des Klabautermanns“

„Ja, glaubst du denn, ich bin freiwillig hier? Wenn es nach mir ginge, wäre ich längst auf einem anständigen Schiff! O Gott, ist das peinlich!“

Titel der Krimikarte

Erst muss Idis verdauen, dass das Gift, an dem die Hühner starben, für sie selbst bestimmt war, dann steckt jemand ihr Haus an und sie erfährt, dass der Tod ihres Großvaters mitnichten ein Unfall war. Warum haben ihre Brüder es auf sie abgesehen? Hilfe bekommt sie von der unwahrscheinlichsten Person, die sie sich vorstellen kann – der Klabautermann höchst persönlich taucht auf. Der hat seine eigene uralte Last zu tragen und zudem überaus peinliche Probleme mit dem Zeitalter der Metallschiffe.

Krimikarte „Die Mutter des Klabautermanns“. In diesem Krimi geht es um den Klabautermann. (Das Heft enthält die Rügener Sage um Ruthwer und den Klabautermann.)

Klappkarte (6-seitig) im DL-Format mit Heft (48 Seiten) im DIN-A6-Format
6 € inkl. MwSt zzgl. Versandgebühr

Erhältlich im Shop

Die Krimis spielen an fiktiven Orten an der Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern. Sagen um den Klabautermann gibt es an beinahe allen europäischen Küsten von Nord- und Ostsee. Diese Krimikarte enthält zusätzlich zum Krimi die Rügener Sage von Ruthwer und dem Klabautermann.

Der Klabautermann und das Elmsfeuer

Der Klabautermann

Foto Wrack bei Glowe
Anfang Januar 2019 spülte ein Sturm am Strand von Glowe auf Rügen die Reste eines Wracks aus dem 18. Jh. frei.

Den Klabautermann an Bord zu haben, brachte Glück. Man kannte ihn bereits im Mittelalter, mit dem Aufkommen moderner Dampfschiffe sank seine Bedeutung jedoch. Sein Name wird verschieden gedeutet: „Klabauter“ könnte von kalfatern kommen, dem Abdichten der Schiffe mit Pech und Werg. Andere führen den Namen auf den Ausdruck klabastern, also poltern, zurück, was sich auf die nächtlichen Geräusche bezieht, die der Klabautermann beim Reparieren des Schiffes erzeugt.

Nach einigen Überlieferungen kam der Klabautermann an Bord, wenn man den Mast aus einem Baum herstellte, in dem die Seele eines Verstorbenen wohnte. Manche sagen, der Klabautermann sei die Seele eines ungetauft gestorbenen Kindes. Pflanzte man einen Baum auf dessen Grab und fällte diesen später, um Bauholz für ein Schiff zu erhalten, hatte das Schiff später den Klabautermann an Bord.

Wie der Hauskobold war auch der Klabautermann einerseits sehr hilfsbereit, spielte andererseits den Leuten aber auch gern mal einen Streich. Boshaft konnte er vor allem dann werden, wenn man ihn ärgerte. Dann machte er nachts solchen Lärm, dass kein Matrose mehr zum Schlafen kam. Als Lohn erwartete der Klabautermann etwas Milch (oder lieber Rum) und gutes Essen verschmähte er auch nicht. Kleidung darf man ihm allerdings nicht schenken, dann verlässt er das Schiff.

Ansonsten verlässt der Klabautermann ein Schiff erst, wenn es nicht mehr zu retten ist, und zerbricht vorher das Steuer. Es sei denn, Verbrecher sind an Bord – auch dann geht der Klabautermann und mit dem Glück der Mannschaft ist es vorbei.

Bei all dem bleibt der Klabautermann unsichtbar, lediglich gute Schiffsführer bekommen ihn zu Gesicht. Für alle anderen gilt – zeigt sich der Klabautermann, droht der Untergang und wer ihn zu Gesicht bekommt, stirbt noch am selben Tag. In einigen Sagen stürzt er sich dann vom Mast des Schiffes ins Wasser. Dabei tanzte häufig blaues Licht in den Rahen als Todesdrohung.

Weil ihn deshalb nur wenige gesehen und dies überlebt haben, sind Auskünfte zu seinem Äußeren unsicher. Er soll ein greisenhaftes Männchen sein, gedrungen mit roten Pausbacken und meerblauen Augen und seegrünen Zähnen.

Elmsfeuer

Foto Elektrische Entladung in Luft
Elektrische Entladung in Luft

Die blauen Flammen, die mit dem Klabautermann erscheinen, haben eine naturwissen­schaftliche Erklärung: das Elmsfeuer. Dabei handelt es sich um eine elektrische Entladung (eine Art Mini-Blitz), die in der Nähe von Gewittern an hohen Gegenständen wie Masten auftreten kann. Da die nahenden Gewitter oft Sturm mit sich bringen, liegt es nahe, im Elmsfeuer ein böses Omen zu sehen.

Das Foto zeigt eine künstlich erzeugte Entladung in Luft – sie hat die gleiche Farbe.

Ruthwer und der Klabautermann – eine Sage von der Insel Rügen

Ruthwer und der Klabautermann

Eine Sage von der Insel Rügen

Foto Kogge Wissemara

nacherzählt und zusammengefasst nach: Siegfried Harmel: Sagen vom Klabautermann, Hinstorff, Rostock, 2013

Das Foto zeigt die Poeler Kogge Wissemara bei der Hanse Sail 2012 in Rostock. Die Wissemara ist ein Nachbau einer Kogge aus dem 14. Jahrhundert, deren Wrack in der Wismarbucht entdeckt wurde. Das Schiff wird betrieben vom Förderverein Poeler Kogge e.V.

Zu der Zeit, als die Vitalienbrüder in der Ostsee ihr Unwesen trieben, lebte auf Rügen der Schiffer Ruthwer. Er erhielt von seinem Vater ein altes, kleines Schiff.

Das Geheimnis dieses morschen Schiffes war eine Kiste, an die der Klabautermann ge­bunden war. Solange die Kiste sich an Bord befand, würde das Schiff seinem Besitzer Segen und Wohlstand bringen.

So geschah es auch. Ruthwer ließ sich von den Städten anheuern, um mit seinem wendigen Schiff die Piratenschlupfwinkel aufzuspüren. Dabei lockte ihn mehr der Ruhm als der in Aussicht gestellte Lohn. Er war äußerst erfolgreich und die Städte konnten den Piraten viele Schiffe abnehmen.

Ruthwers Vorgänger jedoch war neidisch auf den Erfolg und sann auf Rache. Er trat bei Ruthwer in Dienst, um ihn auf hoher See zu ermorden. Auf dieser Fahrt wurde aus dem geschäftigen nächt­lichen Klopfen des Klabautermanns ein heftiges Schlagen, das der Mannschaft Angst einjagte. Ruthwer erkannte die Warnung, wusste aber nicht, wovor ihn der Klabautermann warnen wollte. Er ließ die Mannschaft antreten und der Schuldige, halb wahnsinnig wegen des Lärms, bekannte seinen Mordplan. Nachdem er über Bord gestürzt war, wich der bedroh­liche Lärm wieder dem fleißigen Klopfen des Klabautermanns.

Dann baute Ruthwer ein größeres, schöneres Schiff, das er dem Seemann Fife übergeben wollte. Noch während der Verhandlungen mit diesem wurde aber das alte Schiff des Nachts zerstört. Ruthwer erkannte darin das Zeichen des Klabautermanns: Nun war die Zeit reif, dass er und Ruther auf das neue Schiff übersiedeln sollten. Doch Fife nahm Ruthwer übel, dass er nun unter Ruthwers Kommando fahren sollte, statt ein eigenes Schiff zu bekommen.

Ruthwer stieg der Erfolg zu Kopf, ihn erfasste nun doch die Goldgier.

Er hielt es allmählich für lohnenswerter, auf eigene Rechnung statt im Dienste der Städte zu segeln. Das nutzten die Vitalienbrüder aus. Sie bestachen Fife, der wiederum Ruthwer überredete, sich den Seeräubern anzu­schließen. Ruthwer hinterging die Städte und überließ ein Handels­schiff, welches er eigentlich beschützen sollte, den Piraten.

Ruthwer wurde fortan zum Schrecken der Meere, seine Macht und sein Reichtum nahmen zu. Doch bezahlte er dies mit seiner Nachtruhe. Ab der ersten verbrecherischen Tat machte der Klabautermann deutlich, dass er kein Raubgut auf seinem Schiff duldete – er zerstörte geraubte Ballen und Kisten oder warf sie ins Meer. Des Nachts schlug er gewaltig an die Wände des Schiffes und blaue Flammen zeigten sich an Masten und Rahen.

Fife plante immer noch, an Ruthwers Stelle das Schiff zu über­nehmen. Die Mannschaft hatte bemerkt, dass ihr Kapitän einen Glücksbringer an Bord haben musste. Fife brachte schließlich in Erfahrung, dass es sich bei dem Talisman um die Kiste und den Klabautermann handelte.

Der nächtliche Lärm schwoll derweil zum Tumult an, donnernde Schläge und Wimpel aus blauen Flammen ängstigten die Seeleute. Fife forderte Ruthwer auf, er möge die Kiste über Bord werfen, um dem ein Ende zu machen. Ruthwer ging hinunter und nahm die Kiste.

Doch da vernahm er eine leise Stimme: „Ruthwer, ich verlasse dich!“

Erschrocken legte er die Kiste an ihren Platz zurück.

Von Stund an unternahm Ruthwer keine Raubzüge mehr. Sich vollständig von den Vitalienbrüdern loszusagen, dazu fehlte ihm jedoch der Mut. Deshalb wurde der Klabautermann ruhiger, verstummte aber nicht.

Ruthwers größter Fehler jedoch war, weiterhin Fife zu vertrauen. Dieser warnte ihn, die Seeräuber würden sich seine plötzliche Untätigkeit beim Kapern nicht gefallen lassen, und ließ die Goldgier in Ruthwer von neuem er­wachten. Sobald Ruthwer wieder auf Kaperfahrt ging, begann auch das Hämmern des Klabautermanns wieder.

Ruthwer begann, den Schiffsgeist zu verwünschen. Fife bestärkte ihn in dem Gedanken, er sei nur selbst für sein Glück oder Unglück verantwortlich und schließlich überredete er ihn, die Kiste über Bord zu werfen. Diesmal blieb es totenstill in der Kiste. Als sie im spiegelglatten Wasser versank, ertönte ein schmerzvoller Schrei wie von einer menschlichen Stimme.

Das Toben und Poltern auf dem Schiff war endgültig verstummt, die Seeleute freuten sich über die Ruhe. Nur dem Unterbootsmann fiel auf, dass es dem Schiff schlechter ging – Segel und Taue rissen, ständig tauchten Löcher auf und die Bretter hielten nicht. Zu allem Unglück lief das Schiff bald nach dem Abgang des Klabautermanns auf eine Klippe auf, die ein Leck hineinriss.

Innerhalb der Mannschaft brach Streit aus, den Fife nutzte, um Ruthwer zu überwältigen und im Unterdeck einzusperren. Doch Fife konnte die Herrschaft über das Schiff nicht lange genießen, denn Ruthwers Getreue brachten ihn um. Danach brachen Mord und Totschlag aus. In dem Blutvergießen dachte niemand mehr ans Segeln und ein Sturm trieb das Schiff hinaus auf die offene See. Masten und Segel zerfetzte der Orkan, bis nur noch ein Wrack übrig war.

Zwölf Tage trieben Ruthwer und wenige Überlebende über die See, bis endlich die Segel eines Schiffes zu sehen waren. Doch im Anblick der nahenden Rettung versanken die Trümmer des Schiffes und zogen Ruthwer und seine Leute mit hinab auf den Grund des Meeres.

Wen der Klabautermann aufgegeben hat, den wird kein Mensch retten können.

Die Vitalienbrüder und die Hanse

Die Vitalienbrüder und die Hanse

Im 14. Jahrhundert machten die Vitalienbrüder Nord- und Ostsee unsicher – Kaperfahrer, die zum Teil im Auftrag von Königreichen und Handelsstädten unterwegs waren. Kaperfahrer oder Freibeuter waren daher sozusagen Piraten in staatlichem Auftrag. Statt eines Solds behielten sie ihre Beute. Die Piraterie störte den Handel massiv und fügte der Hanse großen Schaden zu. Andererseits profitierte manche Handelsstadt aber auch davon, dass die Piratenbeute irgendwo auf den Markt zum Verkauf kommen musste.
Zudem mussten manche Städte auch Rücksicht auf die Vorhaben ihrer jeweiligen Landesherren nehmen. Daher waren die Städte sich uneins im Verhalten gegenüber den Freibeutern.
Stralsund und Lübeck beispielsweise erhoben Steuern, mit denen sie bewaffnete Schiffe bezahlten. Diese so genannten Friedeschiffe sollten die Handelsschiffe vor den Piraten schützen. Als ein solches Friedeschiff dürfte Ruthwer sein Schiff anfangs zur Verfügung gestellt haben.
Rostock und Wismar dagegen weigerten sich, zu diesem Zweck Steuern zu erheben, weil die Vitalienbrüder mit dem Segen des mecklenburgischen Herzogs unterwegs waren, der sie im Kampf gegen Dänemark brauchte.

Leseprobe aus dem Krimi „Die Mutter des Klabautermanns“

Leseprobe aus dem Krimi „Die Mutter des Klabautermanns“

Das Cover zum Krimi 'Die Mutter des Klabautermanns'
Das Cover des Krimis „Die Mutter des Klabautermanns“

Was das Personal angeht, fällt dieser Krimi aus der Reihe, lediglich Hauptkommissarin Katharina Lütten und der lange Meier treten in Nebenrollen auf.

Mitten in der Nacht fuhr Idis auf, schoss senkrecht in die Höhe und starrte den mondscheinbeleuchteten Frisiertisch ihrer Großmutter an, ohne ihn wirklich zu sehen. Das Frühstück. Sie hatte das Frühstück gar nicht gegessen. Die Müslipackung hatte vorn im Vorratsschrank gestanden und war nicht verschlossen gewesen, der Großvater hatte sie offenbar bereits angebrochen. Da der aber seit bereits vier Wochen tot war, hatte Idis dem Inhalt der Packung nicht mehr getraut. Deshalb hatte sie das Müsli an die Hühner verfüttert.

Idis schlang die Arme um die angezogenen Knie und hätte am liebsten die friedlich schnarchende Dogge vor ihrer Tür ins Bett geholt, so kalt war ihr auf einmal.

Hatten die sie mit dem Müsli umbringen wollen? Nein, dann hätten sie ja den Brief nicht noch geschickt. Offenbar sollte das ein Warnschuss sein – es sollte ihr nur schlecht gehen. (Hühner reagierten da offenbar empfindlicher.) So schlecht, dass sie einlenken würde. Nun, schlecht ging es ihr jetzt, sogar richtig schlecht, insofern hatte der Anschlag Erfolg.

Aber einlenken würde sie deshalb noch lange nicht. Da müssten sie sie schon wirklich vergiften!

*

Foto Siebenschneiderstein bei Kap Arkona
Die Gletscher der Eiszeit brachten Findlinge unterschiedlichster Größe an die heutige Ostsee­küste. Auf dem Sieben-Schneider-Stein am nördlichsten Punkt Rügens haben mehr als 7 Personen Platz.

Die Suppe schwappte im Löffel und es gelang Idis kaum, sie sicher in den Mund zu bugsieren. Sie war es nicht gewohnt, den ganzen Tag Zaunlatten anzunageln und zu streichen, und ihre Armmuskeln versagten nun beim Suppenlöffel ihren Dienst. Aber wenigstens waren jetzt alle morschen Latten ersetzt.

Schließlich schlief sie mit dem halb leeren Teller auf den Knien ein. Sie erwachte von Fenrirs Kläffen.

„Oh bitte, halt die Klappe … lass mich schlafen …“ Sie blinzelte, der Teller war wie erwartet jetzt ganz leer. Fafnir lag zwar unschuldig dösend vor der Tür, seine Schnauze glänzte aber suppenfeucht. Und Fenrir raste wie ein Irrer im Kreis durch die Stube und kläffte. Im Kreis um etwas herum.

Um jemanden herum. Jemanden, der eine Pfeife im Mund und feuerrote, wenn auch graumelierte Haare auf dem Kopf hatte. Und von Ohr zu Ohr um das Kinn herum. Der dieses bartumrandete Gesicht in den Händen versteckte und unablässig murmelte: „Ist das peinlich. O Himmel, ist das peinlich. Jetzt weiß es noch jemand … ich kann bald nur noch mit einem Sack über dem Kopf umgehen … wie peinlich!“ Dann sah er kurz auf, ein kurzer, nicht gerade klinisch reiner Zeigefinger fuhr auf sie zu: „Wehe, du tratschst das herum!“

Idis fuhr auf, der Teller klirrte auf den Boden, der Löffel schepperte hinterher. „Wer … Was … Was wollen Sie hier? Gehen Sie! Auf der Stelle oder ich rufe die Polizei!“

„Die Polizei? Gehen?“ Das Gesicht tauchte hinter den Händen auf und offenbarte ein Paar meerblauer Augen und eine Doppelreihe Zähne. Grüner Zähne.

„Ja, glaubst du denn, ich bin freiwillig hier? Wenn es nach mir ginge, wäre ich längst auf einem anständigen Schiff! O Gott, ist das peinlich!“

Das Gesicht verschwand wieder hinter den Händen.

Idis beschloss – unter Vorbehalt – dass von diesem Grünzahn keine akute Gefahr ausging. Zumal er kaum mehr als einen halben Meter groß war. „Ähm, guter Mann – was genau ist denn so peinlich? Und warum sind Sie hier, wenn Sie das eigentlich gar nicht wollen?“

„Peinlich? Das Ding da ist peinlich!“ Der Finger schoss in Richtung Kommode. Idis musterte das unschuldige Möbel. Das Teil war vielleicht nicht mehr so ganz der letzte Schrei, aber peinlich … Dann ging ihr auf, dass der Bursche das Schiff meinte. Das Modellschiff, das sie von ihrem Großvater geerbt hatte und das auf der Kommode stand. Sie sprang auf und lief hinüber. „Also hören Sie mal, daran hat mein Großvater zwei Jahre gebaut! Er hat eigenhändig den Baum gefällt und das Schiff gebastelt! Das ist originalgetreu, hier sehen Sie sich das an – jede einzelne Rah hat er angeklebt und die Wanten selbst zusammenge…“

„Originalgetreu! Originalgetreu! Aber eben kein Original! Das ist ein verdammtes Spielzeugschiff! Weißt du, auf was für Seglern ich mitgefahren bin? Handelskoggen, Barken, Vollschiffe – Königinnen der Ozeane! Und jetzt ein – Spielzeugschiff! Peinlich! Wehe, du erzählst das herum!“

Auf Seglern mitgefahren. Oookaaayyy …

Idis starrte ihren mitternächtlichen Gast an und setzte sich ganz langsam wieder. „Wie, sagten Sie noch, war Ihr Name?“

„Hab ich noch gar nicht gesagt. Das ist es doch, was ich meine. Glaubst du, auch nur einem Matrosen, auf welchem Segelschiff auch immer, hätte ich mich vorstellen müssen? Jeder kannte den Klabautermann! Und heute … Spielzeugschiffe!“ Finster starrte er Idis an. „Aber wenigstens sind die Hühner alle weg. Ich hab ne Hühnerallergie. Und nun? Willst du nicht vielleicht mal was tun?“

„Tun? Was?“ Idis registrierte, dass Fafnir wach war, den Kopf eine Handbreit gehoben hatte und träge in der Luft schnüffelte. Für Fafnirs Verhältnisse also hochgradige Hektik verbreitete. Fenrir stand (ja, wirklich, er verharrte auf der Stelle) vor der Stubentür und kläffte. Warum bellte Fenrir die Tür an? Irgendetwas stimmte hier nicht.

Zusätzlich zu dem Umstand, dass der Klabautermann bei ihr in der Stube war.

Der Klabautermann schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen himmelwärts. „Du weißt gar nichts, oder? Wann erscheint der Klabautermann? Heh? Wann?“

„Naja, wenn seinem Schiff Gefahr droht – aber du lieber Himmel, das Schiff da steht sicher auf der Kommode. Dem droht nichts. Wie sollte ...“

Sie hatte den Satz noch nicht zu Ende gebracht, da roch sie den Rauch und sah die ersten Schwaden unter der Tür hervorquellen.

Sie riss Fafnir auf die Beine, Fenrir vom Boden hoch, das Fenster auf und ihr Handy aus der Tasche, warf beziehungsweise schob die Tiere nach draußen und, während sie selbst hinterhersprang, wählte sie schon 112.

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© Wiebke Salzmann